Donnerstag, 21. August 2014

Janmashtami, ein Elefant und noch viel mehr tolle Dinge

Nun ist schon über die Hälfte meiner Zeit in Indien vorüber! Bzw besser gesagt, mein Aufenthalt hier neigt sich so langsam dem Ende zu. Das ist echt ein komisches Gefühl, einerseits habe ich soo viel erlebt hier, und andererseits bin ich doch gestern erst in den Flieger nach Delhi gestiegen. Gerade in der letzten Woche ist ziemlich viel passiert. Das ist allerdings sehr zu Lasten meistens Serien-Konsums gefallen, ich habe kaum ferngesehen in den letzten Tagen und weiß gar nicht mehr, wie es meinen überschminkten Charakteren in ihrem Leben voll herzzerreißender Dramatik geht..
Der Wochenend-Trip, den ich in meinem vorherigen Post schon erwähnt habe, war ziemlich grandios. Wir haben uns einen Tadch-Mahal-ähnlichen Palast irgendeines Sultans angeguckt, einige der sog. Ellora Caves gesehen und ganzganzganz viele Verwandte besucht (es gibt hier übrigens keine Navis in Indien, zumindest benutzt sie keine_r - wir mussten uns die ganze Zeit durchfragen). Wir waren, soweit ich das verstanden habe, in der Nähe von Mumbai, aber meinem kleinen Host Bruder sollte mensch bei solchen Angaben nie ganz trauen (Auf meine Frage, wie viele Einwohner_innen Indore hat, antwortete er nach einigem Überlegen: "5.000, maybe even 6.000" - & das obwohl allein Emerald Heights, Lehrer_innen & Staff mitgezählt, fast auf diese Zahl kommen müsste). Die Städte, in denen wir auf unserer Rundtour waren, haben wir aber auch nie wirklich gesehen, sondern hauptsächlich die Häuser von Familienmitgliedern. Und die sind hier alle schon verdammt reich, von dem was ich so gesehen habe. Die ganzen Häuser, bzw Villen, gefallen mir aber, auch wenn sie noch so luxuriös sind, nicht wirklich, um ehrlich zu sein - es fehlt einfach die Individualität. Es gibt literally keinen Unterschied zu sehen, zwischen den Schlafzimmern und Gästezimmern & selbst im Vergleich zu den Hotelräumen variiert nur die Schrankgröße. Aber individuell & man selbst sein wird hier vor lauter uniformiert in strammen Reihen stehen und stolz auf die Nation sein eben nicht so groß geschrieben.
Die ganzen Familienmitglieder jedenfalls, um wieder zu meinem Wochenende zurück zu kommen, sind alle richtig nett. Wir waren insgesamt in mindestens 6 verschiedenen Häusern zu Besuch und es gab fast jedes Mal Essen oder zumindest Chai (der Tee hier, gemischt mit Milch und total lecker) und Biscuits und, sehr zum Missfallen meines Wie-Soll-Ich-Das-Bloß-Alles-Wieder-Nach-Deutschland-Bringen Ichs, ganz viele Geschenke, die jetzt nicht unbedingt klein waren, um nicht zu sagen riesig. Nicht, das ich mich nicht gefreut habe, diese indische Tradition, Gästen immer Geschenke mitzugeben, gefällt mir richtig gut! :p
Das Wochenende ging wirklich total schnell um und dann war auf einmal schon wieder Montag und nach einem relativ ereignislosen Schultag habe ich es geschafft, mich zum ersten Mal in Indien alleine mit jemanden zu treffen! (Also nicht das ich alleine unterwegs war, mein Onkel hat mich gebracht & mein Driver hat mich abgeholt.) Ich war bei Klara, einer Jahresaustauschschülerin, die nicht nur denselben Namen hat wie ich, sondern auch aus Deutschland kommt, blond ist und in meine Klasse geht. ^^ (Das ist ein bisschen verwirrend für unsere Mitschüler_innen, wir wurden auch schon ernsthaft gefragt, ob alle Mädchen in Deutschland K/CLara heißen.)
Nach diesem berauschenden Gefühl von grenzenloser Unabhängigkeit (so fühlt es sich wirklich an, wenn mensch seit über einen Monat nichts mehr alleine unternommen hat), ging es den nächsten Tag gleich weiter. Manu, eine von den US-Amerikaner_innen, durfte zu mich besuchen. Nehal hat uns dann nochmal eine Tour durchs Haus gegeben und ich war tatsächlich in Räumen, die ich noch nie zuvor gesehen habe. Noch viel überraschender fand ich besonders die Tatsache, dass wir eine Dachterasse haben, von deren Existenz ich ohne Manus Kommen wahrscheinlich nie erfahren hätte. Die Sache ist nämlich die, dass wir alle im Erdgeschoss wohnen und ich die anderen beiden Stockwerke erst 4 mal betreten habe. Die haben hier früher zu 30. gelebt in dem Haus, nachdem jetzt aber alle in ihren kleinen Familien leben, steht da ziemlich viel leer, soll aber renoviert werden, mit Heimkino und Fitnessraum usw. Die Tatsache, zwei leerstehende Stockwerke zu haben und einen Driver, der mit Frau und Kind in der Garage wohnt, ist anscheinend kein Widerspruch in Indien, zumindest nicht in meiner Familie.
Aber, so wenig ich das auch verstehen kann, ist mir aufgefallen, dass ich ziemlich schockiert von mir bin, darüber wie wenig schockiert ich von der Armut auf dem Straßen bin. Es hat nur ein paar Tage gedauert, dann hatte ich mich schon daran gewöhnt, dass da  diese Wellblechhütten ohne Strom und fließend Wasser am Straßenrand stehen. Die Menschen hier leben mehr nach der Mentalität, dass es da halt diese armen Leute gibt, und das ist auch schade, aber das ist eben so und mehr Gedanken macht mensch sich dann auch nicht darüber. Diese Denkweise, und ich bin nicht die einzige der es so geht, die anderen Austauschschüler_innen haben dasselbe berichtet, nimmt mensch total leicht an, zumindest oberflächlich. Manche Dinge sind einfach leichter zu ertragen, wenn mensch nicht nach dem wieso fragt..
Da ich genauso zufälliger- wie glücklicherweise über mehr finanzielle Mittel als jene Menschen verfüge, waren wir am Dienstag auch shoppen und, vor allem, essen. In einer der Fressmeilen Indores haben wir unsere Bäuche mit jeder Menge Streetfood gefüllt. Von Hot Dog (indischer Hot Dog hat jedoch nichts mit unserem zutun, das ist einfach Brötchen mit Omlett) über Pani Pouri (typisch für Indore, kleine Bällchen gefüllt mit einer scharfen Flüssigkeit - Abby (aus den USA) musste nachdem sie es probiert hatte für eine Woche ins Krankenhaus, Nehal hat mir aber versichert das die Ecke, in der wir unterwegs waren, hygenischer ist) bis hin zu Maggi (während Maggi bei uns eine ganz normale Marke ist, wird es hier einfach als Name für ein Nudelgericht benutzt - schmeckt aber vorzüglich!) und Eistee hätten wir es fast geschafft, genug zu essen, um zum Shopping Center rollen zu können, haben dann aber doch eine Rikscha genommen.
Am Mittwoch dann sind wir die restlichen der beim Essmarathon dazugewonnenen Kalorien, die wir beim PowerShopping noch nicht wieder verbrannt hatten, beim Elefanten reiten losgeworden. Ja, ich saß auf einem Elefanten. Es war einfach unfassbar toll und wundervoll!
Während Nehal heute übrigens wieder in ihrem Kindersoldatenaufzug in die Schule gekommen ist, um schießen zu üben (der Unterricht selber scheint hier gar nicht so übermäßig wichtig zu sein, nur die Exams , morgen zB gibt es für die 9. & 10. Klässler einen freien Schultag, nur damit sie für ihre Prüfungen lernen können), habe ich Krischnas Geburtstag nachgefeiert. Lord Kirschna, ein Gott der über 16.000 Frauen hatte, ist nämlich am Montag um ein Jahr älter geworden und deswegen gibt es Janmashtami, ein weiteres ganz tolles Festival. Am Sonntag schon haben wir eine Familie besucht, bei denen in den Geburtstag hineingefeiert wurde, am Montag dann habe ich die eigentliche Zeremonie am Abend zugegebenermaßen verschlafen, aber dafür wurde die Tage danach auch immer wieder noch etwas gefeiert und ich hatte genügend Zeit all die wunderbar geschmückten Haustempel zu bewundern.
Heute gab es dann wie gesagt das Schulprogramm. Das bestand im Wesentlichen wieder aus einigen traditionellen Tänzen, Musik Stücken, ein bisschen was modernem und ein, zwei Reden, in denen kleine, ca. 8-jährige Kinder darüber gesprochen haben, wie toll und wie viel besser als alle anderen Indien doch ist. Wenn einem all das schon so intensiv ab 2 1/2 Jahren (dann kommen die Kindern zur Schule bzw in die Nursery) eingetrichtert wird, dann lernt mensch natürlich das aus vollster Überzeugung und ohne Hinterfragen zu bekunden.
Das Highlight des Programms war aber etwas ganz anderes. Wieso wir das, was jetzt kommt gemacht haben, also den religiösen Hintergrund, weiß ich auch nicht, ich weiß nur, dass ich all diese Festivals liebe. Wir mussten eine Art Kletterleiter hochklettern, erst vertikal (ca 3-5 Meter in die Höhe), dann horizontal. Die Leiter war über den schulischen Swimming Pool gespannt & als wir in der Mitte angekommen waren, mussten wir aufstehen und versuchen eine Kokosnuss aus einer Vase zu holen, die über uns hing & diese dann mit der Kokosnuss kaputt zu schlagen. Wenn das geschafft war sind wir, sofern nicht schon vorher geschehen, das war alles ziemlich wacklig & wir ungesichert, ins Wasser gesprungen und (die Vase war nämlich mit Schokoriegeln gefüllt) haben im Wasser stehend Schokolade gegessen. Und ja, das war alles genauso toll wie es sich anhört! :D

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